Dienstag, 14. September 2010

/slash Filmfestival

The Horror! The Horror! Kurz vor der Viennale wird Wien diesen Herbst zur Blood & Guts-Metropole: Vom 23. bis zum 30. September findet im Wiener Filmcasino erstmals das /slash Filmfestival statt, ein Genre-Event von Horrorfans fuer Horrorfans.

Das Festival ist fuer die Veranstalter eine Herzensangelegeneit. Es soll dem fantastischen Film ein Forum in Oesterreich bieten, Reputation und Ansehen des Horrorkinos aufwerten und heimischen Filmschaffenden, die im dem Genre taetig sind, einen Anker in der oesterreichischen Kulturszene bieten.

Einer dieser heimischen Filmschaffenden ist Martin Kolbert, der den Festivaltrailer gemacht hat:



Dem Organisatorenteam um Markus Keuschnigg (FM4, Die Presse) ist es gelungen, schon fuer die Erstausgabe des Festivals einen beachtlichen Spielplan zwischen Trash und Kunst, Splatter und Autorenkino zusammenzustellen: Zu den Highlights des /slash 2010 zaehlen der postapokalyptische Eroeffnungsfilm "The Road", Adam Greens Skilift-Thriller "Frozen", der australische Prom-Night-Albtraum "The Loved Ones" sowie die Aufreger "The Human Centipede (First Sequence)" und "A Serbian Film".

Das gesammte Programm des /slash 2010 findet ihr hier. Die Trailer dazu koennt ihr euch hier ansehen. Karten koennen jetzt reserviert werden.

Montag, 13. September 2010

Sofia

Meine letzten Blogeintraege schreibe ich in einem Hostel in Sofia. Auf der Tastatur gibt es keine Umlaute, weswegen euch immer wieder aes und oes und ues begegnen werden. Die Tatsache, dass ich gerade in der bulgarischen Hauptstadt verweile, erscheint mir auch aus einem anderen Grund erwaehnenswert: Sofia Coppola hat gestern in Venedig den Goldenen Loewen fuer ihren neuen Film "Somewhere" erhalten. Das kann doch alles kein Zufall sein, oder?

Nicht die Art Sophia, um die es hier geht: Estelle Getty von den Golden Girls

BritCom Fever

In einem meiner letzten Blogeinträge habe ich "Peep Show" erwähnt, das hierzulande nicht allzu viele Leute kennen. Es handelt sich dabei um eine britische Comedy-Serie - eine sogenannte BritCom -, die es bei uns wohl leider nie zu sehen geben wird. Einerseits ist der Wortwitz sicher schwer ins Deutsche übersetzbar. Andererseits ist der Humor wohl zu "off key", zu abgedreht,um im deutschsprachigen Raum ein breites Publikum zu erreichen. Eine Schande, denn "Peep Show" ist lustiger und origineller als fast alles, was zurzeit im Fernsehen läuft. Wer des Englischen mächtig ist und eine Vorliebe für pechschwarzen Humor hat, sollte unbedingt youtube aufsuchen und "mal reingucken". Und weil das bei weitem nicht die einzige brillante britische Serie ist - und ich zufällig gerade in England bin - , möchte ich euch an dieser Stelle neun weitere Perlen aus dem UK vorstellen.

Without further ado, this is...

Reiner's Top 10 funniest BritComs 
(garantiert "Little Britain"-frei)

England hat eine lange Comedy-Tradition, die über die Jahre unzählige stilbildende Serien, wie "Fawlty Towers", "The Black Adder", "Red Dwarf" und  "Father Ted" hervorgebracht hat. Im Zugwasser der Erfolgsserie "The Office" erlebte die BritCom zu Beginn des letzten Jahrzehnts eine wahre Renaissance, die so viele originelle, witzige Serien hervorbrachte, wie nie zuvor. Ich beschränke mich in meiner Liste auf BritComs, die in dieser Zeit entstanden sind. Den meisten ist gemein, dass sie nur über zwei oder drei Staffeln mit jeweils sechs Episoden laufen.

10. Nathan Barley



Christopher Morris ist in England eine kleine TV-Legende. Er wurde als Autor und Darsteller der subversiven Mockumentary-Serien "Brass Eye" und "The Day Today" bekannt. Mit "Nathan Barley" schrieb er erstmals eine Serie, die klassischen Erzählmustern folgt: Der Titelheld Nathan Barley (Nicholas Burns) ist ein dümmlicher Hipster, der sich mit seiner großen Klappe regelmäßig in peinliche Situationen manövriert. Hauptfigur ist aber ein semi-intellektueller Journalist namens Dan Ashcroft, dessen Dilemma darin besteht, dass er Typen wie Nathan Barley verachtet, in seinem Job als Kollumnist eines Popkulturmagazins aber tagtäglich mit Leuten wie ihm konfrontiert wird. "Nathan Barley" ist Morris' Abrechnung mit englischen Modetrends. Eine bitterböse Satire auf Banksy, Rave und Fashionvictims.


9. Coupling



Unter all den hier vorgestellten BritComs ist diese hier die traditionellste, zahmste Serie. Nicht umsonst wird "Coupling" oft als das englisches "Friends" bezeichnet. Die (sexuell ein wenig verklemmten) Figuren sind allesamt Sympathieträger, es wird mit Geschlechterklischees gespielt, ab und zu gibt es auch Slapstickeinlagen. Im Laufe der Zeit kristallisierte sich die Nebenfigur Jeff (Richard Coyle) zum Publikumsliebling heraus, bis die Serie mit ihm stand und fiel. Als Coyle nach der dritten Staffel ausstieg, war auch "Coupling" bald am Ende.


8. Garth Marenghi's Darkplace



Man muss ein Verständnis für höchst abstrusen Humor mitbringen, um sich bei "Garth Marenghi's Darkplace" zu amüsieren.  Gleichermaßen Parodie auf Arztserien und Low-Budget-Horroranthologies der 70er Jahre, ist die Serie voller visueller Gags, absichtlich schlecht gespielt, geschnitten und ausgestattet. Höchst speziell, sehr abgefahren und - wenn man sich darauf einlässt - hysterical.


7. My Life In Film



Die Serie, die diesem Blog den Namen gibt. In "My Life In Film" widerfahen Art (Kris Marshall), einem jungen Filmemacher, Dinge, die verdächtig an die Plots bekannter Filme erinnern: Seine Führerscheinprüfung läuft ab wie "Top Gun". Als er seinen kleinen Neffen hüten muss, findet er sich plötzlich in Stanley Kubricks "The Shining" wieder. "My Life In Film" ist eine Zitatesammlung, für Filmfreaks ein Fest. Den meisten Zusehern blieben viele der cineastischen Anspielungen aber verborgen. Nach nur einer Staffel wurde "My Life Is Film" daher eingestellt und ist leider bis heute nicht auf DVD erschienen.


6. Extras




Nach "The Office" Ricky Gervais' und Stephen Merchants zweite Serie für BBC 2. Gervais spielt diesmal Andy Millman, einen Schauspieler, der sich mit Komparsenjobs durchschlägt. Wie in "The Office" entsteht der Humor daraus, dass Gervais von einem Fettnäpfchen ins nächste stapft, und man als Zuseher nicht weiß, ob man lachen oder vor Scham im Erdboden versinken soll. Nicht weniger gewitzt, mindestens so trist wie "The Office", vom Publikum damals aber eher gespalten aufgenommen.


5. The Mighty Boosh




In "The Mighty Boosh" erleben Vince Noir (Noel Fielding) und Howard Moon (Julian Barrat) - Zoowächter (erste Staffel) bzw. Shopkeeper (dritte Staffel) by day, Band by night - Abenteuer in der Wüste, am Nordpol, im Urwald und an anderen fantastischen Locations, die im Studio im charmanten Do-It-Yourself-Stil nachgebaut wurden. Viele Darsteller waren später auch an "Garth Marenghi's Darkplace" beteiligt. Ähnlich speziell ist auch diese Serie. Am ehesten lässt sie sich mit den bei uns besser bekannten "Flight Of The Conchords" vergleichen. Noir und Moon sind Brett und Jemaine nicht unähnlich - arme Trottel mit musikalischer Begabung: In jeder Folge gibt es mindestens zwei (ziemlich komische) Musikeinlagen. Dazwischen: Fantasy und Wahnsinn.

4. The Thick Of It


Im britischen Department of Social Affairs and Citizenship kämpfen Minister, politische Berater und Sekretärinnen Tag für Tag darum, Gesicht und Job zu wahren. Es wird intrigiert und gebuckelt, je nachdem was gerade am nützlichsten für das eigene Überleben erscheint. Teuflisch gut ist Peter Capaldi als verbaler Hooligan Malcom Tucker, der das gesamte Ministerium regelmäßig zur Sau macht. Die Dialoge sind hart, messerscharf und wahrscheinlich näher an der Realität als irgendjeman im britischen Parlament zugeben würde. Vor kurzem erschien mit "In The Loop" ein Spin-Off-Film. "The Thick Of It" wird nächstes Jahr fortgesetzt.


3. Spaced



"Spaced" flimmerte eigentlich schon 1999 zum ersten Mal über englische Bildschirme, doch gefühlsmäßig ist die Serie der BritCom-Welle der 00er Jahre zuzurechnen. Tim (Simon Pegg) und Daisy (Jessica Hynes) sind zwei Endzwanziger auf der Wohnungssuche. Um ein Appartment zu ergattern, täuschen sie vor, ein Päarchen zu sein. Im Folgenden müssen sie sich mit ihrer kettenrauchenden Vermieterin Marsha (Julia Deakin), dem verschrobenen Nachbarn Brian (Mark Heap) und Tims bestem Freund Mike (Nick Frost), seines Zeiches Waffennarr, herumschlagen. "Spaced" ist gespickt mit Filmzitaten, hat das Herz am richtigen Fleck und hätte mehr als zwei Staffeln verdient. Doch dann kam Regisseur Edgard Wight, Simon Pegg und Nick Frost der Erfolg mit "Shaun Of The Dead" dazwischen. Seitdem arbeiten die drei an ihren Leinwand-Karrieren.

2. Peep Show



"Peep Show" hätte ursprünglich "POV" (kurz für: "Point Of View") heißen sollen: Der Zuschauer beobachtet das Geschehen nämlich aus der Sicht der Charaktere und wird Zeuge ihrer inneren Monologe. Hauptfiguren sind zwei Thirty Somethings, der verklemmte Spießer Mark und sein arbeitsloser Mitbewohner Jeremy, die  von einer persönlichen Katastrophe in die nächste stürzen. Was auch immer die beiden in die Hand nehmen, misslingt aufs Lustigste. Dabei ergründet "Peep Show" Untiefen der menschlichen Seele, die sich nur die Wenigsten eingestehen würden. Wir können über Mark und Jeremy lachen, insgeheim aber wissen wir, dass wir diesen beiden Losern ähnlicher sind als uns lieb ist.


1. The Office


 
Ein bisschen vohersehbar, dass "The Office" auf Platz 1 landet, aber die Macher Ricky Gervais und Stephen Merchant haben mit dieser Serie nicht nur Mockumentaries, sondern das gesamte Comedy-Genre revolutioniert: "The Office" setzt nicht auf Übertreibungshumor und Slapstick, sondern schöpft seine Komik aus der Realität, indem es die Alltagstristesse eines grauen Büros einfängt. Fast jeder kennt das Setting, fast jeder hat schon mal Figuren wie den idiotischen Chef David Brent (Ricky Gervais) und den wichtigtuerischen Kollegen Gareth Keenan (Mackenzie Crook) im echten Leben ertragen müssen. Bei "The Office" darf kathartisch über das zu gelacht werden, was man untertags oft selbst durchmachen muss. Das machte die Serie zum Welterfolg. Sechs Episoden und zwei Christmas-Specials schrieben Gervais und Merchant. Danach war Schluss. Zumindest für das Original. Es folgten internationale Remakes, etwa das amerikanische "The Office" mit Steve Carrell und die deutsche Variante "Stromberg" mit Christoph Maria Herbst. Mit dem Original können sie alle bei weitem nicht mithalten.

Samstag, 11. September 2010

Schauplätze

Kinos - ich liebe sie alle. Ja, sogar die unromantischen Megaplexes. Was die an Charm vermissen lassen, machen sie durch riesige Leinwände, gute Soundsysteme und ein umfassendes Filmangebot einigermaßen wett. Atmosphärischer sind aber natürlich die kleinen Programmkinos. Mit ihnen verbinde ich auch mehr Erinnerungen als mit den gesichtslosen, lauten Entertainment-Palästen. Heute möchte ich euch kurz einige meiner Lieblingskinos in Wien vorstellen:


Colosseum: Nussdorferstraße 4, 1090 Wien

Das Kino meiner Kindheit - hier sah ich 1993 meinen ersten Kinofilm ("Ein Hund namens Beethoven") - gibt es nicht mehr: Was früher das Colosseum Kino war, ist heute das Colosseum Buffet. Dabei war das Colosseum früher der Place to be, für alle Schüer aus der Umgebung. Als Kind sah ich hier längst vergessene "Meisterwerke", wie "Karen McCoy - Die Katze" und "Ein Concierge zum Verlieben".


Auge Gottes: Nußdorfer Straße 73, 1090 Wien

Bekam man im Colosseum keine Karten mehr, ging man ins Auge Gottes, ein Stück weiter stadtauswärts. Früher mehr als Ausweichmöglichkeit abgetan, weiß ich das Auge Gottes heute als eines der letzten Kinos in meinem  Grätzel zu schätzen. Zuletzt sah ich hier den halbgaren Michael-Jackson-Konzertfilm "This Is It".


Artis: Schultergasse 5, 1010 Wien



Am Artis mag ich, dass es in einer Fußgängerzone in der Innenstadt versteckt ist. Ich bin mir nie genau sicher, wie ich hinkomme, und habe jedes Mal das Gefühl, dass ich es erst neu entdecken muss. Hier sah ich 2003 "Freddy vs. Jason". Welche Bedeutung das für mich hatte, habe ich ja schon erzählt.


Film Casino: Margaretenstraße 78, 1050 Wien



Mit dem Film Casino verbinde ich ganz besondere Erinnerungen: Hier hatte ich eine meine ersten Verabredungen mit meiner ersten großen Liebe. Wir sahen uns gemeinsam "Megacities" an. An den Film kann ich mich nicht mehr besonders gut erinnern. Ich war zu nervös, um mich auf irgendetwas Anderes als das Mädchen neben mir zu konzentrieren. Zehn Jahre später waren wir, kurz vor unserer Trennung, wieder gemeinsam im Film Casino und sahen uns passenderweise "Mein halbes Leben" an - eine Doku über einen Endzwanziger, der sich kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag mit Umbrüchen in seinem Leben konfrontiert sieht.


Schikaneder: Margaretenstraße 24, 1040


Das Schikaneder ist nicht nur Kino, sondern, wie das Schild über dem Eingang verrät, auch ein Sitzlokal. Amateurfilmer können hier eigene Werke vorführen lassen - so wie wir das 2004 mit "Nikolaus Of Death" gemacht haben.


Top Kino: Rahlgasse 1, 1060 Wien


Ich muss gestehen, dass ich mich nicht erinnern kann, jemals einen Film im Top Kino gesehen zu haben. Eher sitze ich im gemütlichen Kaffeehaus im Foyer. Aber natürlich werden Filme im Top Kino gezeigt. Ähnlich wie im Schikaneder kann man hier auch Selbstgedrehtes vorführen lassen.


Gartenbaukino: Parkring 12, 1010 Wien


Und natürlich - last but not least - das Gartenbaukino, seit 1973 Hauptschauplatz der Viennale, wo ich mich im Oktober wieder öfter aufhalten werde. Anscheinend ist das Gartenbaukino bis weit über die Grenzen Österreichs bekannt. Im April dieses Jahres habe ich folgenden Aufkleber auf einer Flughafen-Toilette in Kiew gesichtet:

"That's a Bingo!"

Donnerstag, 9. September 2010

Werbeunterbrechung

Mein Fernseher und ich verstehen uns nicht mehr. Die Wahrheit ist, ich beschäftige mich nicht mehr so oft mit ihm wie früher. Wieso auch? Bis auf die ZIB finde ich fast alles, was ich brauche im Internet. Warum sollte ich meine Zeit mit "Mein cooler Onkel Charlie" verplempern, wenn ich mir im Web jederzeit "Peep Show", "South Park" oder andere, wirklich lustige Serien ansehen kann? Warum mein Leben nach dem TV-Programm ausrichten? Vor allem aber: Warum sich Werbeunterbrechungen antun?

Würde mein Fernseher diesen Aufkleber doch auch respektieren....


Und damit bin ich auch schon beim eigentlichen Thema meines heutigen Blogeintrags: TV-Werbung. Für mich eines der ärgerlichsten Alltagsübel. "Möbelix kost fast nix", "Geiz ist geil", der Humboldt-Werkmeister - Werbung muss heutzutage laut, billig und to-the-point sein. Nun will ich nicht behaupten, das sei irgendwann einmal großartig anders gewesen. Zumindest aber hatten TV-Spots, als ich ein Kind war, mehr Charme. Vielleicht waren die Werbebudgets der Auftraggeber damals größer, vielleicht hat Marktforschung irgendwann ergeben, dass der Absatz steigt, je unverschnörkelter und plumper die Verkaufsbotschaften formuliert werden. Jedenfalls sind TV-Spots im Laufe der Zeit von Werbefilmen zu Werbeclips verkümmert.

Aber bevor ich beginne, von "früher" zu schwärmen, gebe ich lieber ein paar Anschauungsbeispiele: Seht euch mal diese drei Compilations von ORF-Werbungen aus den Jahren 1987, 1989, und 1990/91 an.







Umwerfend, oder? Natürlich lügen diese Spots genauso, wie die heutigen - vielleicht sogar noch mehr, weil sie eine biedere heile Welt vorgaukeln, wo jetzt zynisch, aber irgendwie ehrlich mit "Geiz ist geil" geworben wird. Aber gleichzeitig wirken diese Spots wärmer, liebevoller. Hinter den meisten steckt eine kreative Idee, manche davon sind in sich geschlossene Kurzfilme, andere sind kleine, ästhetische Kunstwerke, wie die Kupferberg Gold-Werbung von 1989. Jingles spielten eine große Rolle, und viele davon waren so catchy, dass ich mich selbst nach über zwanzig Jahren noch an sie erinnere (Pago! Gammon!).

Die Werbung von damals fasziniert auch, weil vieles davon heute schlicht undenkbar wäre: Wann hat man zuletzt einen Spot für ein Kunst-Magazin im Fernsehen gesehen? Wie kam es dazu, dass Franz Suhrada (der "Aus"-Mann aus "Tohuwabohu") die Österreicher 1987 dazu aufrufen musste, regelmäßig die Zähne zu putzen? Vor allem aber verursacht das Frauenbild Köpfschütteln, das vor gerade einmal 20 Jahren noch vorherrschte: Ein Slogan wie "Macht den Mädchen Beine" würde heute berechtigterweise für Empörung sorgen. Auch dass die Frauen in den Sunlicht-Spots wie selbstverständlich den Abwasch erledigen, wirkt zwei Dekaden später vorsintflutlich.

Also ja: Natürlich war TV-Werbung auch früher ärgerlich - aber in den besten Fällen war sie opulenter, künstlerischer und manchmal um einiges durchgeknallter als alles, was man 2010 während dieser nervigen Werbeunterbrechungen im Fernsehen zu sehen bekommt.

"...und AUS!"

Mittwoch, 8. September 2010

Eine Lehrstunde aus dem Hause "Pixar"


Gestern fand, wie berichtet, zum zweiten Mal die "Content Award"-Verleihung statt – heuer allerdings mit einer Neuerung: Zusätzlich zur Preisverleihung gab es auch eine „Content Conference“. Ab elf Uhr vormittags konnten Besucher an Vorträgen und Diskussionen zu Themen wie Animation, animierte Kurzfilme und Spieleentwicklung teilnehmen. Als prominentesten Sprecher konnten die Veranstalter William Sheffler, Technical Director der Pixar Animation Studios, gewinnen. Sein Thema: „The Process of Building Amazing Characters at Pixar“. Hörte sich interessant an, also machte ich mich auf den beschwerlichen Weg vom 19. Bezirk in den dritten.

Pixar-Maskottchen: Luxo und Luxo, Jr.


Um es vorweg zu nehmen: Shefflers Vortrag war sehr technisch. Den meisten seiner Ausführungen konnten wohl nur die vereinzelt anwesenden Entwicklergeeks folgen. Alle anderen freuten sich über gelegentliche Erwähnungen bekannter Filmtitel und die ein oder andere „Behind the Scenes“-Anekdote, von denen Sheffler einige zu erzählen hatte.

Bill Sheffler bereitet sich auf seinen Vortrag vor.


Seit 1999 arbeitet der Preisträger des Visual Effects Society Awards bei Pixar. Dabei hat er an fast allen großen Produktionen von „Toy Story 2“ über „Findet Nemo“ bis hin zu „Ratatouille“ und „Oben“ mitgearbeitet. Die Ursprünge des Studios liegen natürlich noch viel weiter zurück: Bereits mit „Luxo Jr.“ aus dem Jahre 1986 wurde der Grundstein zur heute erfolgreichsten Animationswerkstatt der Welt gelegt (der Titelheld ist heute das Firmenmaskottchen, das in jedem Pixar-Vorspann zu sehen ist). Der Kurzfilm (zu sehen hier) besteht aus knapp zwei Minuten Animation, die vollständig in Programmiersprache geschrieben werden mussten, ohne die Hilfe von Modellierungsprogrammen – die gab es nämlich zu der Zeit noch nicht. Eine unvorstellbare Sisyphusarbeit!

Nach einem kurzen Ausflug zu den Anfängen von Pixar, legt Sheffler auch schon los: Er spricht von mdl-Codes, Topologies, Rigging, der Entwicklung des bis heute genutzten Toolsets Gappetto, das das ältere Programm PET ablöste. Kurzum: Würde er Chinesisch sprechen, verstünden die meisten Anwesenden genauso viel. Aber lauscht selbst:



Klar, ne?

Doch letzlich können auch Nichtauskenner aus Shefflers Vortrag etwas mitnehmen: Zum Beispiel, dass Pixar nur bei jedem zweiten Film auf technische Innovation setzt. Waren die Animationen in „Toy Story“ noch relativ simpel, so stellte der Nachfolgefilm „Das große Krabbeln“ bereits einen großen Sprung nach vorne dar: Die Figuren hatten mehr Konturen, Schatten waren besser herausgearbeitet, die Gesichtsausdrücke detaillierter. „Toy Story 2“ verfeinerte die Animationstechnik von „Das große Krabbeln“, lieferte aber keine erwähnenswerten technischen Innovationen. Erst bei „Die Monster AG“ sah man wieder, dass Pixar sich visuell weiterentwickelte (etwa am kompliziert herausgearbeiteten Fell des Monsters Sulley). Und so geht es bis heute abwechselnd : Für einen Film wird revolutionäre neue Animationstechnik entwickelt, im nächsten wird diese perfektioniert.

James P. Sullivan aus "Die Monster AG". Seine Freunde nennen ihn Sulley.
 

Eine Frage, die ich mir oft stelle, ist, wie Pixar das gelingt, was unzählige Sommerblockbuster nicht schaffen: Originelle Filme zu machen, bei denen die Handlung im Vordergrund steht und nicht die Effekte. Darauf geht Sheffler am Ende seines Vortrages ein: Man hält sich sehr genau an den klassischen Filmaufbau in drei Akte. (Wer darüber mehr erfahren möchte, dem sei Syd Fields Standardwerk übers Drehbuchschreiben empfohlen.) Am Ende jedes (genau getimeten) Aktes kommt es zu einem Einschnitt, der die Harmonie der Geschichte unterbricht und den Zuschauer in Aufregung versetzt. Mit der Animation sollen die jeweilige Stimmung untermalt werden. Tatsächlich wird sogar ein eigenes „depth script“ entwickelt, in dem sämtliche Szenen nach ihrem emotionalen Gehalt bewertet werden.

Sheffler erklärt es anhand dieser Szene aus „Oben“: Als die Figur Carl am Anfang das Tagebuch seiner verstorbenen Frau in die Hand nimmt, sind die Farben verwaschen und die „Kamera“ ist distanziert. Je mehr er aber in dem Buch blättert, desto mehr beginnt er zu begreifen, dass für seine Frau das Leben mit ihm das größte und schönste Abenteuer war. Ein „uplifting moment“ für Carl – und den Zuseher. Am Ende der Szene sind die Farben freundlich und kräftig, und das lächelnde Gesicht des alten Mannes ist in einer Großaufnahme zu sehen.

„Ja, wir manipulieren unser Publikum“, lacht Sheffler. Die Technik unterstützt die Emotionen, die die Geschichte vermitteln soll und verkommt dadurch nie zum Selbstzweck. Genauso, wie es eben sein sollte. Könnte jemand das Memo an Michael Bay weiterleiten?

Dienstag, 7. September 2010

Content Award 2010

Im dritten Bezirk tut sich was: Unweit der Gasometertürme entsteht das Media Quarter Marx (MQM), das mit einer Fläche von rund 40.000 Quadratmetern zu Österreichs größtem Medienstandort ausgebaut wird. Gefördert vom Zentrum für Innovation und Technologie (ZIT) der Stadt Wien sollen sich hier in den kommenden Jahren Filmproduktionsfirmen, Computerspielentwickler und andere Medienunternehmen ansiedeln, um Wien als Medienstandort zu stärken.

So soll das MQM bald aussehen.


Seit 2009 verleiht das ZIT im MQM außerdem den Content Award an junge Filmemacher, Animationsgrafiker und Gamesentwickler. Die zweite Ausgabe der Preisverleihung fand heute abend statt. Unter der Moderation von Stermann und Grissemann – beide mit besorgniserregend rötlich-brauner Gesichtsfarbe – wurden die von einer Jury ausgewählten Gewinner des Content Award 2010 bekannt gegeben. Am öftesten war Florian Juri auf der Bühne zu sehen, der mit seinem Animationsfilm "Zerebrale Dichotomie" zusätzlich zum Sieg in der Kategorie "Animated Character" zwei mit mehreren tausend Euro dotierten Sonderpreise einheimsem konnte. Freuen durften sich auch Sarah Nörneberg und ihr Team, die für ihre geplante Bud-Spencer- Dokumentation "Sie nannten ihn Spencer" einen Förderungspreis erhielten.

Hier ein Überblick über die Gewinner der Hauptkategorien:

• Kategorie ANIMATED CHARACTER - Florian Juri („Zerebrale Dichotomie“)
• Kategorie OPEN- Sarah Nörenberg („Sie nannten ihn Spencer“)
• Kategorie SHORTS - Clemens Kogler („Stuck In A Groove“)
• Kategorie MOBILE APP - Jörg Piringer („ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ For iPhone“)
• Kategorie FEMPOWER - Claudia Pöpperl („Adaffix“)

Urlaub oder Alkoholismus? Die rot-braunen Gastgeber Stermann und Grissemann

Montag, 6. September 2010

I Was a Teenage Nikolaus, Teil 2

In meinem letzten Blogeintrag habe ich darüber geschrieben, wie mein Schulfreund Martin und ich zu Hobbyfilmemachern wurden. Die meisten unserer Projekte blieben unvollendet, einige kamen nicht einmal über das Entwicklungsstadium hinaus. Schließlich schafften wir es aber doch, einen Film fertig zu stellen – und ihn sogar im Kino vorzuführen. Davon möchte ich heute erzählen.

Nach unserer gemeinsamen Unterstufenzeit, trennten sich die Wege von Martin und mir: Ich ging weiter in die AHS, er wechselte zur Graphischen, wo er lernte, mit Kameras und Schnitttechnik umzugehen. Wir blieben weiter in Kontakt, sahen uns aber nur noch an den Wochenenden. Die Filmerei schien sich erledigt zu haben. Wir fühlten uns mittlerweile ohnehin zu erwachsen dafür.

Doch dann geschah etwas, das uns beide wieder zu 12-Jährigen Jungs werden ließ: Im Internet verbreitete sich das Gerücht, dass die Produktionsfirma New Line an einem „Freddy vs. Jason“-Film arbeitete. Falls das jemand nicht weiß: Freddy, das ist natürlich der Killer aus „A Nightmare On Elm Street“ mit dem verbrannten Gesicht und dem Rasierklingen-Handschuh. Jason stammt aus der „Freitag der 13.“-Reihe.

Sollten ihren Hautarzt verklagen: Freddy Krueger (l.) und Jason Voorhees


Den meisten Menschen hätte nichts egaler sein können, als ein weiteres Sequel mit diesen alten Haudegen des 80er Jahre Slasher-Kinos. Für Martin und mich allerdings waren Freddy und Jason Helden seit Kindertagen. Wie Michael Knight. Wie Bud Spencer und Terence Hill. Die Nachricht von einem Film, in dem diese beiden Ikonen aufeinandertreffen, machte uns geradezu euphorisch.

Vorfreudig veranstalteten „A Nightmare On Elm Street“- und „Freitag der 13.“-Filmabende, und es dauerte nicht lange, bis wir darüber sprachen, unsere eigene Hommage an Freddy und Jason zu drehen. Allerdings wollten wir unseren eigenen Killer erschaffen, einen der zu Österreich passte. Und da uns das alles zur Vorweihnachtszeit einfiel, hatte wohl einer von uns beiden die Idee, den Nikolaus als Monster für unsern Film zu missbrauchen. Wir blödelten uns eine Handlung zusammen und überboten einander mit Ideen für Mordszenarien, wobei wir diesmal darauf achteten, dass wir alles, was wir uns ausdachten, auch tatsächlich verwirklichen konnten. Über Wochen schickten wir Mails hin und her, feilten am Drehbuch, bis das Skript endlich fertig war. Martin entwarf Storyboards für einzelne Szenen, seine Freundin Julia kümmerte sich um das Kostüm des Nikolo und bediente sich dabei an allem, was die Faschingskiste hergab: Freddy-Krueger-Maske, Scream-Umhang und einen weißen Bart, der wohl tatsächlich einem Nikolaus-Kostüm entstammte. Das Ergebnis sah ziemlich albern aus. Wir liebten es.

In einem dunklen Wald will man ihm allerdings nicht begegnen.


Dann begannen die Dreharbeiten: Wir filmten über ein halbes Jahr, wann immer wir Zeit hatten. Ins Nikolokostüm schlüpfte ich selbst. Der Rest der Darstellerriege bestand, wie in den guten alten Zeiten, aus unseren Freunden und Freundinnen. Und die mussten diesmal einiges aushalten: Das Kunstblut bekamen sie kübelweise über den Kopf geschüttet, sie wurden über dreckige Steinböden geschliffen, stundenlang in kalten Badewannen liegen gelassen und mit der Motorsäge malträtiert. Aber wie sagte schon Peter Jackson? Pain is temporary, film is forever!

Martin, mittlerweile im Besitz einer Digitalkamera, die uns die Arbeit sehr erleichterte, war von den Zwischenergebnissen jedenfalls begeistert. Als wir das Rohmaterial eines Tages betrachteten, meinte er, er hätte gehört, dass es im Schikanederkino die Möglichkeit gäbe, eigene Filme vorzuführen. Also riefen wir dort an und ließen unsern Film ins Programm setzen. Es war fast schon erschreckend einfach.

Als wir den Film endlich fertig geschnitten hatten, war ziemlich genau ein Jahr vergangen, seit wir zum ersten Mal darüber gesprochen hatten: „Nikolaus Of Death“ dauerte 45 Minuten. Ein Epos. Für unsere Verhältnisse.

Im Dezember 2004 erlebte der Film seine Uraufführung. Am Premierenabend waren wir alle ziemlich nervös: Würden die Leute unsern albernen Humor verstehen? Würde außer unsern Freunden überhaupt irgendwer kommen? Aber wir staunten nicht schlecht, als die Türen zum Kinosaal geöffnet wurden und ganze Menschenmassen hereingeströmt kamen: Bald war jeder Platz besetzt. Die Leute hatten unsern Film im Programm gesehen und beschlossen, ihn sich anzusehen. Und dann lachten sie. Ja, sie lachten tatsächlich, und manchmal schreckten sie sich sogar ein bisschen. Es war ziemlich umwerfend. Zum Schluss ernteten wir sogar standing ovations.

Nikolo-Merchandise. Heute äußerst rar.


Kurz nach dem Premierenabend wurde Martin an der Filmschule in Ludwigsburg aufgenommen und ging für vier Jahre nach Deutschland. Heute dreht er Werbefilme und arbeitet an unterschiedlichen Projekten (z.B. hat er den Trailer für das demnächst stattfindende /slash Filmfestival gemacht). Wir sehen uns hin und wieder und sprechen davon, einmal einen zweiten „Nikolo“ zu machen, aber man kennt das ja: Es ist immer viel zu tun. Die Zeit ist knapp. Außerdem sind wir mittlerweile viel zu erwachsen für solche Dinge. Zumindest so lange, bis „Freddy vs. Jason 2“ in die Kinos kommt...

Sonntag, 5. September 2010

I Was a Teenage Nikolaus, Teil 1


„Mein Leben und Film“ soll das Thema dieses Blogs lauten. Die Geschichte, mit der ich beginnen möchte, ist schon ein paar Jahre her. Damals drehte sich mein Leben noch mehr um Filme als heute – denn ich machte selbst welche. Nun ja. Vielleicht waren es eher Filmchen als Filme. Mit meinem Schulfreund Martin schrieb ich Drehbücher, die wir dann mit ein paar Freunden und ohne jegliches Budget verfilmten. Wir nahmen das Ganze nie sonderlich ernst, hauptsächlich ging es uns um den Spaß an der Sache. Mit der Zeit aber wurde Martin ein richtig guter Kameramann, und die Filmchen wurden immer ansehnlicher. Schließlich packte uns der Ehrgeiz, und wir beschlossen einen Film fürs Kino zu machen. „Nikolaus Of Death“ hieß das Werk, das unser  Opus magnum werden sollte. Der Name lässt es schon vermuten, in diesem Film wird ein bisher unverdächtiger älterer Herr zum Serienmöder: der Nikolo höchstpersönlich.

Zu braven Kindern freundlich, zu bösen... frage nicht!


Und ich hatte die Ehre, ihn zu spielen! Aber am besten beginne ich noch ein bisschen früher…

Martin und ich waren zusammen in die Unterstufe gegangen. In dieser Zeit, kurz bevor die Pubertät bei uns ausbrach, und wir plötzlich nur noch Augen für die immer kürzer werdenden Röcke der Mädchen hatten, sprachen Burschen am liebsten über ein Thema:  Actionfilme. In den Pausen wurden VHS-Kopien von „Harte Ziele“ und „Stirb langsam: Jetzt erst recht“ getauscht wie heiße Ware. Während wir in der Turnstunde eigentlich unsere Jogging-Runden im Türkenschanzpark drehen sollten, versteckten wir uns hinter einem Baum, nuckelten an unseren ersten Zigaretten und ließen uns von Klaus – Repetent und somit Opinion Leader – die Handlung von „Demolition Man“ erzählen. Die wenigsten von uns durften sich den Film im Kino ansehen. Es waren unschuldige Zeiten.

Auch eines meiner ersten Gespräche mit Martin drehte sich um einen Actionfilm:  Wir waren beide ziemlich große Fans der „Terminator“-Reihe– zu jenen seligen Zeiten gab es erst ein Sequel – und begannen irgendwann herumzualbern und bestimmte Szenen daraus zu parodieren. Martin hatte eine Videokamera und schlug vor, dass wir unsere eigene Version von „Terminator“ drehen könnten. Wahrscheinlich waren unsere Ideen nicht halb so lustig, wie wir damals dachten, und vermutlich ist es gut, dass der Film letztlich nie entstanden ist (genauso wenig übrigens wie „Chips Fiction“, unser geplantes Remake von „Pulp Fiction“, in dem sich alles um, äh, Chips drehen sollte). 

Dabei hätte Uma Thurman bestimmt zugesagt.

Doch Martin und ich hatten entdeckt, dass wir den gleichen, eigenartigen Humor teilten und es uns Spaß machte, Geschichten zu erfinden. Statt „Terminator“ schrieben wir bald unser erstes „Original Screenplay“, „Weird“. Den Titel hatten wir im Englisch-Wörterbuch nachgeschlagen. (Wir suchten nach irgendetwas, das "cool" klang.) Und „Weird“ (dt. „seltsam“) passte ganz hervorragend zur Handlung, in der ein junger Familienvater von Terroristen erschossen wird, die auf seinem Dachboden leben, und wenig später aus dem Totenreich zurückkehrt, um Rache an seinen Mördern zu nehmen. Habe ich erwähnt, dass Martin und ich auch „The Crow“ sehr gut fanden?